Donnerstag, 3. November 2011

Briefing von Kanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy zur Situation in Eurozone nach Ankündigung eines Referendums in Griechenland am 2. November


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BPA Mitschriften | 03.11.2011, 09:33 Uhr

Briefing von Kanzlerin Merkel und Staatspräsident Sarkozy zur Situation in Eurozone nach Ankündigung eines Referendums in Griechenland am 2. November

in Cannes

Thema: Arbeitsabendessen unter Teilnahme des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou im Vorfeld des Gipfeltreffens der G20-Staaten


Sprecher: Bundeskanzlerin Merkel, Präsident Sarkozy

(Die Ausschrift des französischen Teils erfolgte anhand der Simultanübersetzung)

Präsident Sarkozy: 

Meine Damen und Herren, aufgrund der Situation, die durch die Ankündigung eines  Referendums in Griechenland entstanden ist, haben Angela Merkel (und ich) beschlossen, dass es absolut notwendig ist, vor einem Gespräch mit Papandreou eine Absprache mit den europäischen Institutionen und dem IWF vorzunehmen, um zu einer gemeinsamen Position zu gelangen.

Wir sind zu folgenden Schlussfolgerungen gekommen:

Wir möchten eine koordinierte, entschlossene und definitive Antwort finden. Dies bedeutet, dass die am 27. Oktober getroffenen Entscheidungen umgesetzt werden, die in Brüssel einstimmig von allen 17 Ländern der Eurozone getroffen wurden. Diese Umsetzung wird beschleunigt. Morgen werden die Finanzminister Deutschlands und Frankreichs mit Olli Rehn, dem Kommissar, zusammenkommen, um die EFSF einzurichten, so wie wir das am 27. Oktober besprochen haben.

Zweitens. Wir sind bereit, Griechenland zu helfen. Denn die Solidarität ist der Grundpfeiler der europäischen Integration genauso wie das Prinzip der Ehrlichkeit. Dies heißt allerdings, dass Griechenland seinerseits auch zu seinen Verpflichtungen steht und diesen nachkommt.

Drittens. Wir haben den griechischen Verantwortlichen gegenüber ganz klar zum Ausdruck gebracht - und dies betrifft die Mehrheit, aber auch die Opposition in Griechenland, die uns jetzt zuhört -, dass die Europäer und der IWF in Betracht ziehen können, die sechste Tranche des Programms für Griechenland nur dann auszuzahlen, wenn Griechenland das gesamte Paket vom 27. Oktober angenommen hat und dass jede Unsicherheit über das Referendum ausgeräumt ist.

Aufgrund des Ernstes der Situation richten wir einen feierlichen Appell an Griechenland, damit so schnell wie möglich ein politischer Konsens erzielt wird.

Was das Referendum anbelangt, das angekündigt wurde, so ist es für uns klar, dass das Prinzip, das Volk zu befragen, legitim ist.

Aber es ist ebenfalls klar, dass wir nicht weiter in der Situation verbleiben können, wie wir sie im Augenblick haben. Wenn es ein Referendum geben sollte, dann sind wir der Ansicht, dass dieses so schnell wie möglich durchgeführt werden muss.

Wir wissen es sehr zu schätzen, was der griechische Premierminister dazu zu sagen hatte, nämlich dass ein mögliches Referendum am 4. oder 5. Dezember durchgeführt werden könnte.

Schließlich und endlich ist es, was den Inhalt anbelangt, auch klar, dass die gestellte Frage sich auf den Verbleib oder die Zukunft Griechenlands in Europa bezieht.

Will Griechenland in der Eurozone verbleiben oder nicht? Dies ist unser Wunsch. Dies ist unser wirklicher intensiver Wunsch. Wir werden alles daran setzen, dass dies möglich ist. Aber das griechische Volk muss die Antwort auf diese Frage geben. Es muss sich zu dieser Frage äußern, sollte ein solches Referendum durchgeführt werden.

Bundeskanzlerin Merkel

Meine Damen und Herren, wir haben heute in einer außergewöhnlich ernsten Situation mit den europäischen Institutionen und dem griechischen Premierminister beraten.

Wir haben zusammengesessen als Freunde in Europa, aber eben auch in der Angemessenheit gegenüber der ernsten Lage.

Sie ist dadurch entstanden, dass ein Referendum in Griechenland angekündigt wurde. Dieses Referendum hat die psychologische Situation nach den Beschlüssen am 27. Oktober massiv verändert.

Unsere Aussage heißt heute: Wir geben eine klare, gemeinsame, koordinierte und umfassende Antwort.

Diese heißt:

Die Beschlüsse vom 27. Oktober sind richtig.

Aber sie müssen beschleunigt umgesetzt werden.

Dazu wird es hier am Rande von Cannes Beratungen geben.

Das betrifft insbesondere die Möglichkeit der Abschirmung, der Firewall, der Brandmauer.

Da müssen die Optionen schnell ausgearbeitet werden.

Und so wie der französische Präsident das eben gesagt hat, werden die Finanzminister Deutschlands und Frankreichs, ihre Mitarbeiter und Kommissar Olli Rehn daran auch arbeiten.

Am Montag wird es eine Sitzung der Eurogruppe geben.

Zweitens. Wir wollen Griechenland helfen.

Wir wollen auch, dass Griechenland im Euroraum verbleibt.

Aber es gibt im Raum die einseitige Entscheidung Griechenlands und die hat die Situation verändert.

Deshalb sagen wir sehr klar: Die sechste Tranche kann erst ausgezahlt werden, wenn Griechenland alle Teile der Entscheidung vom 27. Oktober angenommen hat und zusätzlich jeder Zweifel hinsichtlich des Ausgangs des angekündigten Referendums ausgeräumt ist, also dieses Referendum positiv in Richtung Euro abläuft.

Der griechische Premierminister - und das war das Gute heute Abend - hat sich hiermit absolut einverstanden erklärt.

Wir haben darüber gesprochen, dass wir den Konsens aller politischen Kräfte in Griechenland wünschen.

Der griechische Premierminister hat uns zugesagt, mit den politischen Kräften in Griechenland darüber zu sprechen.

Wir sagen:

Wenn es zu einem Referendum kommt, muss dies bis Anfang Dezember stattfinden.

Der griechische Ministerpräsident hat in Aussicht gestellt, dass dies am 5. Dezember stattfinden könnte.

Darüber muss natürlich auch in Griechenland beraten werden. Und wir haben noch einmal klar gemacht:


Bei dem griechischen Referendum - und das haben die griechischen Vertreter beziehungsweise der griechische Premierminister auch deutlich unterstützt - geht es im Kern um nichts anderes als um die Frage:

Möchte Griechenland im Euroraum verbleiben, ja oder nein?

Wir stehen heute Abend hier vor Ihnen, weil wir uns einer Aufgabe verpflichtet fühlen - und das war auch das Klima des gesamten Gesprächs -:

Der Euro als Ganzes muss stabil gehalten werden.

Wir möchten dies lieber mit Griechenland als ohne Griechenland erreichen.

Aber die Aufgabe, den Euro als stabile Währung zu erhalten, ist die überwölbende, ist die primäre Aufgabe, der wir uns verpflichtet fühlen.

Ich bin dankbar, dass wir die Gespräche in einem großen Geist der Freundschaft, aber auch in einer ungewöhnlichen Ernsthaftigkeit führen konnten.

Frage: Frau Bundeskanzlerin, von Ihnen stammt der wunderbare Spruch oder das Zitat über die schwäbische Hausfrau, dass man schlechtem Geld kein gutes Geld hinterherschmeißen soll. Haben Sie nach den heutigen Gesprächen den Eindruck, dass die Griechen zocken, und wo ist dabei die Schmerzgrenze von Ihnen beiden?

BK'in Merkel: Also erst einmal möchte ich in diesem Saal das Wort von der schwäbischen Hausfrau erklären. Die schwäbische Hausfrau ist ein Vertreter einer schönen Region Deutschlands, in der man dazu neigt, nicht mehr Geld auszugeben als man eingenommen hat.

Zweitens möchte ich hier bestimmte Worte nicht unterstreichen, die Sie eben gesagt haben. Es geht darum, dass in Griechenland eine schwierige Situation ist. Der Premierminister hat sich entschlossen, ein Referendum einzuberufen.

Dies ist nicht abgestimmt erfolgt.

Das hat dazu geführt, dass wir psychologisch eine neue Situation haben, und auf diese Situation antworten wir ernsthaft und mit großer Bestimmtheit.

Das heißt, wir wollen den Euro als stabile Währung erhalten.

Wir wollen die Schuldenkrise des Euro überwinden.

Wenn Sie so wollen:

Wir wollen alle zu einer soliden Haushaltsführung zurückkehren.

Es gibt kaum ein europäisches Land und kein Land im Euroraum, das die solide Haushaltsführung so gemacht hat, wie wir das in Zukunft tun müssen.

Deshalb haben wir uns auch alle darauf verständigt, Schuldenbremsen in unseren Verfassungen einzuführen.

Wir hoffen auch, überall wird die Opposition das unterstützen.

Das ist die ernsthafte Aufgabe, vor der wir stehen, weil wir an Europa glauben, weil wir an unseren Kontinent glauben, weil wir glauben, dass wir politische Ordnungen haben, die gut sind für die Menschen mit Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Wahlfreiheit, aber weil wir auch wissen, dass auf der Welt Wettbewerber sind, und wir wollen erfolgreich sein.

Darum kämpfen wir, und das haben wir heute mit aller Ernsthaftigkeit diskutiert. Ich glaube, wir werden erfolgreich sein.

P Sarkozy: Wir möchten nicht, dass der Euro zerstört wird, und wir möchten auch nicht, dass Europa zerstört wird.

In einer Situation, in der die Welt sehr instabil ist, haben wir beschlossen, dass gewisse Regeln getroffen werden.

Diese Regeln gelten für jeden von uns.

Es ist unser Wunsch, mit dem Euro und Europa gemeinsam mit unseren griechischen Freunden fortzufahren.

Wir haben alles getan, damit dies geschieht.

Aber es gibt Regeln, die die Basis für diesen Solidarpakt sind.

Jetzt müssen die Griechen entscheiden, ob sie das Abenteuer weiter mit uns gehen möchten oder nicht.

Aber Regeln in einer vernünftigen Regierungs(führung), die wir uns gegeben haben, das Vertrauen, das der Euro und Europa vermitteln müssen, dies sind grundlegende Dinge, das sind Prinzipien, das ist eine europäische Verpflichtung, und wir müssen dies alles verteidigen und aufrechterhalten.

Frage: Eine Frage an Herrn Präsidenten und die Frau Bundeskanzlerin: Wir hatten gehört, dass Sie das griechische Parlament auffordern wollen, über den Rettungsplan vor dem Referendum abzustimmen. Ist dies eine Art, diesem Referendum vorzukommen? Wollen Sie dieses Referendum überhaupt? Denn Sie haben mehrmals gesagt "sollte es ein Referendum geben", als wäre es nicht sicher, dass es das gibt beziehungsweise als ob Sie den Wunsch hätten, dass es dieses Referendum nicht geben sollte.

P Sarkozy: Wir haben nichts von dem griechischen Parlament zu fordern. Es ist frei in seinen Entscheidungen und in seinem Handeln. Wir haben nicht beschlossen, ob es ein Referendum gibt oder nicht. Wir sagen nur: Wir können das Geld des europäischen Steuerzahlers nur einsetzen - des französischen Steuerzahlers, des deutschen Steuerzahlers -, wenn gewisse Regeln, über die man sich einstimmig beim Brüsseler Gipfel am 27. Oktober geeinigt hat, auch eingehalten werden. Wenn diese Regeln nicht eingehalten werden, dann können weder Europa noch der IWF auch nur einen Cent ausschütten.


Was den Rest anbelangt, haben wir niemandem Rat zu geben. Wir haben keine Anweisungen zu erteilen. Das griechische Volk ist ein unabhängiges Volk. Es ist eine große Kultur, und wir sind zuversichtlich, dass es weiß, welche Entscheidung es für seine Zukunft zu treffen hat. Wir lassen das griechische Volk frei in seiner Entscheidung.

Aber wir sind verantwortlich für die Stabilität der Eurozone, für die Solidarität in Europa und für die Regeln, die wir uns selbst gegeben haben. Das ist eine Achse zwischen Deutschland und Frankreich, die durch die Krise noch stärker geworden ist. Wir fordern nichts.

Wir sagen nur:

So sehen die Regeln aus. Das sind Regeln, die 17 Länder verabschiedet haben. Wenn irgendein Land diese Regeln nicht achten will, dann ist es sein Recht, sein absolutes Recht. Dann kann es das tun. Aber ganz klar auch müssen die Griechen jetzt eine Entscheidung treffen.

Für Frau Merkel und für mich, für Herrn Juppé, für Herrn Schäuble und Herrn Baroin, die auch bei dem Treffen dabei waren, gilt: Wir haben den Wunsch geäußert, weiter mit den Griechen zu gehen. Aber es gibt Regeln. Und wir können nicht hinnehmen, dass diese Regeln nicht eingehalten werden. Und jedes Mal, wenn Europa beschlossen hatte, dass die Regeln nicht eingehalten werden, haben wir die Zukunft in Frage gestellt. Europa ist zu wichtig, als dass man mit den Regeln spielen könnte, die wir uns selbst gegeben haben, insbesondere wenn die Welt heute so instabil ist, wie sie nun einmal ist.

BK'in Merkel: Am heutigen Abend sieht es so aus, als würde es ein Referendum geben. Das respektieren wir. Aber die Entscheidung, die dieses Referendum fällt, ist auch klar. Unser Wunsch ist auch klar. Wir haben dem griechischen Volk in der Tat keinerlei Vorgaben zu geben. Jeder muss in einer schwierigen Situation selber entscheiden, und deshalb gehe ich heute Abend erst einmal von dem aus, was uns der griechische Ministerpräsident und sein Finanzminister gesagt haben. Sollte es kein Referendum geben, dann muss das Parlament das entscheiden. Aber der Ausgangspunkt ist ganz klar. Griechenland hat uns heute Abend ganz klar gesagt: Es wird ein Referendum geben, und man arbeitet daran, dass dieses Anfang Dezember, zum Beispiel am 5. Dezember, stattfindet.

Frage: Sind Sie denn für den Fall gewappnet, dass Griechenland sich doch für den Austritt aus der Eurozone entscheidet? Und was werden Sie morgen den G20-Partnern zum Auftakt des Gipfels über die heutigen Gespräche mit Herrn Papandreou sagen?

BK'in Merkel: Wir werden ihnen sicherlich nichts anderes als das sagen, was wir Ihnen jetzt gesagt haben. Denn sie werden es ja morgen schon wissen.

Aber wir sind gewappnet. Damit wir das auch wirklich unterlegen können, haben wir ja gesagt: Die Beschlüsse vom 27. Oktober waren richtig. Die psychologische Situation hat sich durch die Tatsache des Referendums verändert. Unsere Schlussfolgerung daraus heißt: Die Beschlüsse müssen schneller umgesetzt werden. Es muss schneller Klarheit sein. Dann sind wir in der Lage, in jedem Fall - egal wie das griechische Referendum ausgeht - eine entsprechende Antwort zu geben, die gut für den Euro ist.

Frage: Erste Frage zu dem Referendum: Ist das nicht der Beweis dafür, dass es ein echtes Problem gibt, was die Demokratie in Europa anbelangt? Entscheidungen werden vom Rat der Staats- und Regierungschefs in der Eurozone getroffen. Dann werden sie in den verschiedenen Ländern umgesetzt, ohne dass sich die Völker darin eingebunden fühlen - einmal außerhalb Deutschlands, wo der Bundestag mitentscheidet. Gibt es eine Revolte der Völker aufgrund dessen, was man als ein deutsch-französisches Direktorium empfindet, das immer brutaler daherkommt, um den Euro zu retten?
Zweite Frage, Frau Bundeskanzlerin. Sie sagen, dass die Eurozone bereit ist, sich eventuell damit abzufinden, dass Griechenland aus der Eurozone ausscheidet. Aber mit dem EFSF, so wie er geschaffen ist, kann man die Ansteckung auf die anderen Länder nicht vermeiden. Glauben Sie, dass Portugal, Irland, Spanien und Italien eines Tages vielleicht auch den Euro verlassen könnten? Das wird also eine instabile Zone. Was kann man also tun, um die Stabilität des Euro zu gewährleisten, wenn Griechenland den Euro verlassen sollte?

P Sarkozy: Ich bitte zu entschuldigen, wenn ich noch einmal daran erinnere. Aber das Programm, das Europa bezüglich Irland verabschiedet hat, hat doch gut funktioniert. Warum hat das gegriffen? Weil die Mehrheit, die damals an der Regierung war - das war Brian Cohen - und die Opposition sich auf die großen Linien des Programms geeinigt hatten. In Portugal war es doch so. Das hat auch funktioniert.

Warum? Weil die Mehrheit - an der Macht war damals Herr Socrates und die Opposition von damals, die jetzt an der Macht ist - einverstanden war und sich geeinigt hatte. In Spanien funktioniert es auch.

Warum? Weil sich Mariano Rajoy in der Opposition mit Herrn Zapatero, der an der Macht ist, einig ist. Europa kann nur funktionieren, wenn die politische Klasse, sei es die Opposition oder Mehrheit der europäischen Länder, sich einig darin ist, die Regeln, die in Europa geschaffen worden sind, auch einzuhalten. Das ist das, was man Demokratie nennt.

Zweite Bemerkung. Wenn man Sie hört, müsste man sicherlich ein Referendum durchführen, wenn ein Europäischer Rat eine Entscheidung trifft. Aber Sie haben sich so oft beklagt, dass der Europäische Rat nicht genügend Entscheidungen trifft. Das heißt, dass jetzt in Ihren Augen zu viele Entscheidungen getroffen werden.

Dritte Bemerkung. Ein brutales Direktorium, so haben Sie es genannt. Glauben Sie wirklich, dass wir - Frau Merkel, ich, Herr Juppé, Herr Baroin und Herr Schäuble - das, was wir tun, aus Spaß an der Freude machen?

Glauben Sie nicht, dass wir genügend Verantwortung in unseren jeweiligen Ländern haben, dass wir noch mehrere in Europa dazu nehmen möchten? Glauben Sie nicht, dass, wenn wir nicht das getan hätten, was wir getan haben, wir uns die Frage gestellt hätten, wie die traditionelle Leadership durch Deutschland und Frankreich aussieht?

Dann müssten wir uns fragen, warum die beiden stärksten Volkswirtschaften, die beiden Länder, die den größten Beitrag leisten, nicht zur Verantwortung stehen. Aber sie tun es; sie stehen zu ihrer Verantwortung. Ich glaube, wenn es ein Problem gibt, dann ist das nicht ein Problem von zu viel Leadership, sondern von Defizit, was Leadership anbelangt. Glauben Sie mir: Bei allen Krisen, durch die wir gegangen sind, haben wir beschlossen, die Solidarität und die Einheit Europas zu bewahren. Die Bundeskanzlerin und ich sind zutiefst europäisch. Wenn wir hier an vorderster Front kämpfen, dann tun wir das, weil das notwendig ist, weil es unsere Pflicht ist. So angenehm ist diese Aufgabe im Augenblick nicht, wirklich nicht. Aber es muss getan werden.
BK'in Merkel: Ich habe nicht umsonst von einer ungewöhnlich ernsten Situation gesprochen. Ich habe aber auch davon gesprochen, dass es ein Gespräch unter Partnern war. Wir haben mit Europa und mit dem Euro etwas geschaffen, auf das die ganze Welt schaut und das dem Wohlstand der Menschen in unseren Ländern dient.

Deshalb haben wir die Aufgabe, dies zu verteidigen. Und dass in Demokratien auch Parlamente mitsprechen möchten, dass Menschen sich dazu ihre Meinung bilden möchten, das ist Teil unserer Gesellschaften. Das werden wir auch nie aufgeben. Nur um einer schnellen Entscheidung willen werden wir nicht die Prinzipien der Demokratie aufgeben.

Aber wir sagen auch: Wenn die Prinzipien der Demokratie Gültigkeit haben - das gilt in Deutschland, das gilt in Frankreich, und das gilt auch in Griechenland -, dann können wir trotzdem nicht das große Einigungswerk der Europäischen Union und des Euro aufs Spiel setzen, sondern wir müssen dann einfach sagen: "Ja, jeder kann im Rahmen der Demokratie entscheiden."

Wir respektieren das, gar keine Frage. Aber wir müssen auch sagen, was unsere Prioritäten sind. Wir wünschen uns, dass Griechenland im Euroraum verbleibt. Aber wenn das griechische Volk sagt, dass sie die Schwierigkeiten, die Auflagen und Forderungen, die mit der Solidarität der Mitgliedstaaten der Eurogruppe verbunden sind - das sind ja immer zwei Seiten einer Medaille -, nicht möchten, dann werden wir das respektieren. Dann werden wir aber trotzdem den Euro nicht aufgeben.

Ich glaube, dass wir damit etwas Gutes tun und zwar im Rahmen der Demokratie. Manchmal wird gesagt, das dauert ein bisschen lange. Dann sagen wir unseren Freunden in der Welt: Ja, es dauert vielleicht manchmal einen Tag länger.

Aber dafür nehmen wir auch die Menschen mit in unseren Ländern. Wir sind Teil unserer Demokratie. Das bedeutet Führerschaft auch im Zusammenhang mit Entscheidung, so wie wir das heute gemacht haben, aber das bedeutet auch immer die Parlamente und die Menschen zu beteiligen.

Deshalb sage ich noch einmal: Dies war heute wichtig. Das sind schwierige Sitzungen. Das ist hart. Aber wir werden morgen und übermorgen unter der französischen Präsidentschaft mit Ländern zusammentreffen, die jeden Tag wettbewerbsfähiger werden, die einen guten Grund haben, selbstbewusster zu werden. Und wenn wir den Menschen auf unserem Kontinent - ob es in Frankreich, in Deutschland oder in irgendeinem anderem Land ist - Wohlstand für die Zukunft versprechen wollen, dann müssen wir bei dieser Wettbewerbsfähigkeit mithalten.

Deshalb wäre es ganz falsche Solidarität, einfach nachzugeben, wegzusehen und nicht zu schauen, dass wir diese Wettbewerbsfähigkeit für die Zukunft für unsere Kinder und Enkel sichern. Das ist unser Anspruch an Europa. Dafür haben wir uns zusammengeschlossen, und dafür werden wir auch bei G20 werben. Ich freue mich auf die französische Präsidentschaft morgen und übermorgen.

P Sarkozy: Vielen Dank. Wir werden uns ja in den nächsten beiden Tagen wiedersehen.

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