Sonntag, 27. Mai 2012

Guido Westerwelle: Ein Wachstumspakt für Europa


Guido Westerwelle

Berlin London Bonn 25.05.2012

Guido Westerwelle Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und Wirtschaftminister Philipp Rösler (FDP) haben mit dem britischen Vizepremierminister Nick Clegg über die Stärkung von Wachstum in Europa diskutiert. "Wenn wir Konsolidierung und Reformen konsequent vorantreiben und unsere Möglichkeiten kreativ einsetzen, um auch kurzfristig Wachstumsimpulse zu geben, wird ganz Europa am Ende der Krise wirtschaftlich stärker und gesünder sein als zuvor", schrieb Westerwelle in einem Gastbeitrag für die französische Zeitung "Le Monde". 
Zur Bewältigung der Schuldenkrise seien sowohl Haushaltskonsolidierung als auch Wachstumsförderung erforderlich, erklärte Westerwelle am Donnerstag in Berlin. Dem Fiskalpakt für weniger Schulden müsse daher ein Wachstumspakt für mehr Wettbewerbsfähigkeit zur Seite gestellt werden. Darüber hinaus baue die Politik auch auf Solidarität in Europa, um aus der Krise herauszufinden.

Westerwelle unterstrich die deutsch-britischen Anstrengungen zur Haushaltskonsolidierung. Die deutsche und die britische Regierung seien die ersten gewesen, die ihre Staatsausgaben deutlich zurückgefahren hätten. Deutschland sehe in Großbritannien einen wichtigen Verbündeten in der Frage der Haushaltsdisziplin und in der Erkenntnis, dass das Schuldenmachen beendet werden müsse.

Wirtschaftsminister Rösler sagte: „Die Politik von Haushaltsdisziplin und Schuldenkonsolidierung ist richtig. Sie muss allerdings durch effektive Wachstumsmaßnahmen ergänzt werden, insbesondere durch Strukturreformen und nachhaltige Investitionen, die die Wettbewerbsfähigkeit in den Mitgliedsstaaten verbessern.“ Unter anderem seien Maßnahmen zum Bürokratieabbau, zur Unterstützung des Mittelstands, Arbeitsmarktreformen und die Förderung von Bildung und Ausbildung notwendig.

Verantwortung für Wachstum liegt bei den Mitgliedsstaaten

In einem Gastbeitrag, der in verschiedenen europäischen Zeitungen, darunter „Le Monde“, erschien, erklärte Westerwelle, dass die Verantwortung für neues Wachstum zuerst bei den Mitgliedsstaaten liege. Mit nationalen Strukturreformen müssten sie die Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen, die für neues Wachstum gebraucht werde. Soziale Sicherungssysteme sollten zukunftsfest gemacht, Arbeitsmärkte für junge Menschen stärker geöffnet werden. Zudem müsse in Bildung, Wissenschaft und Forschung investiert werden.

Aber auch auf EU-Ebene müsse mehr für Wachstum getan werden. Ein europäischer Wachstumspakt sollte Westerwelles Ansicht nach folgende Punkte enthalten:

• Wachstumsorientierung des EU-Budgets
 
• Aktivierung ungenutzter EU-Mittel für Wachstumsförderung
 
• Besserer Zugang zu Investitionskapital unter Einbeziehung der Europäischen Investitionsbank (EIB)
 
• Förderung von Infrastrukturprojekten
 
• Vollendung des Binnenmarkts (u.a. bei digitalen Medien, Energie)
 
• Stärkung des Freihandels

EU-Mittel für die Stärkung von Wachstum und Beschäftigung einsetzen

Der Außenminister mahnte, die EU dürfe nicht mehr ausgeben als bisher. Sie müsse die zur Verfügung stehenden Mittel lediglich besser einsetzen. Das EU-Budget sollte konsequent auf Wachstum und Beschäftigung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtet werden. Zugleich müsse der Mitteleinsatz stärker als bislang kontrolliert werden. Gelder aus den Struktur- und Kohäsionsfonds, die keinen konkreten Projekten zugeordnet sind, sollten in neues Wachstum investiert werden.

Darüber hinaus sprach Westerwelle sich für die Ausdehnung des Binnenmarktes auf weitere Felder wie die digitalisierte Wirtschaft, den Internethandel und den Energiesektor aus. Auch die grenzüberschreitende Mobilität müsse gestärkt werden. Beschäftigungschancen und somit Zukunftsperspektiven für junge Menschen müssten klaren Vorrang genießen.

Eurobinds setzen falsche Anreize

Die weitere Aufnahme von Schulden in Europa zu erleichtern, sei allerdings nicht der richtige Weg, warnte Westerwelle. Durch mehr Schulden könne die Schuldenkrise nicht gelöst werden. Daher setzten Eurobonds aus deutscher Sicht falsche Anreize. „Sie lösen nicht das Problem von zu viel Schulden und zu wenig Wettbewerbsfähigkeit.“ Vielmehr werde dadurch das Schuldenmachen vereinfacht und der Druck, wichtige Strukturreformen vorzunehmen, genommen.

Bis zur nächsten Sitzung des Europäischen Rates im Juni müsse nun eine konkrete Wachstumsagenda erarbeitet werden. Es gehe um eine gemeinsame, tragfähige Lösung. „Man kann Wachstum schaffen, ohne neue Schulden zu machen“, betonte Westerwelle. „Europa muss zusammenstehen, um die Krise zu überwinden. Wir brauchen den festen Willen, uns als europäische Kulturgemeinschaft in der Welt der Globalisierung zu behaupten.“

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